„Es muss mal so richtig auf den Putz gehauen werden“

In wichtigen Bereichen des eigenen Lebens mitbestimmen zu dürfen, fördert das Wohlbefinden und stärkt das Selbstbewusstsein. Allerdings gibt es in Schulen bislang nur selten feste Möglichkeiten zur Einflussnahme ­– obwohl Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit dort verbringen. Viele Schüler*innen haben daher das Gefühl, dass ihre Ideen und Bedürfnisse nicht gehört werden. Henri ist elf Jahre alt und besucht die sechste Klasse des Wentzinger-Gymnasiums in Freiburg. Er ist nicht nur Unterstufensprecher an seiner Schule, sondern auch Mitglied des Freiburger Schülerrats. Egal wo: Henri möchte zeigen, dass auch junge Schüler*innen eine Stimme brauchen – und dass wir ihnen häufiger und aufmerksamer zuhören sollten.

 

aula: Henri, in welchen Bereichen in deinem Leben hast du das Gefühl, mitbestimmen zu können?

Henri: Das ist eine gute Frage, da kann ich dir gar keine klare Antwort geben. In manchen Bereichen kann ich mich gut durchsetzen. Aber es gibt überall immer wieder Personen, die mir zu verstehen geben, dass sie die Ansagen machen – und das fühlt sich schon blöd an. In der Schule zumindest hat sich das Gefühl verbessert, seit aula eingeführt wurde. Aula ist ja auch dafür da, um ein Zeichen zu setzen und zu zeigen: „Hey, du kannst was ändern und deine Ideen sind nicht egal.“

aula: Denkst du, dass du in der Schule ernstgenommen wirst?

Henri: Ja, meistens werde ich schon ernstgenommen – aber das liegt auch daran, dass wir supernette Menschen an unserer Schule haben, die auch jüngere Leute wie mich ernstnehmen. Außerdem habe ich ja eine relativ wichtige Aufgabe durch den Freiburger Schülerrat. Vielleicht hängt es auch ein bisschen damit zusammen.

aula: Glaubst du, dass es deinen gleichaltrigen Mitschüler*innen da anders geht? Vor allem denen, die nicht in der SMV sind?

Henri: Ja, leider schon. Die meisten Schüler in meinem Alter denken sich zum Beispiel: „Ach, ich geh nicht auf aula, ich kann sowieso nichts ändern.“ Das liegt zum Teil an den Eltern, aber zum Teil auch an den Lehrern, die ihre Schüler nicht immer zum Mitmachen motivieren.

aula: Wie geht es dir im Vergleich zu den älteren Schüler*innen? Hast du das Gefühl, dass die eher ernstgenommen werden als du?

Henri: Ja, natürlich. Ich meine, als ich in die SMV gekommen bin, haben wahrscheinlich alle gedacht: „Oh Gott, wie süß.“ Die Großen bekommen halt mehr Respekt. Aber ich glaube, die Leute haben inzwischen gemerkt, dass ich was draufhabe und dass auch ich was bewegen kann. Jetzt geht es mir sehr gut in der SMV.

aula: Aber du musstest dir das erst erkämpfen?

Henri: Ja, schon. Von vielen wurde ich mit offenen Armen empfangen, aber es gibt halt immer Ausnahmen. Am Anfang gab es schon Leute, die über meine Ideen gelacht haben und meinten, dass das sowieso nichts wird.

aula: Wenn du sowas erlebt hast, fällt es dir dann trotzdem leicht, deine Ideen zu äußern – gerade vor den älteren Schüler*innen und den Lehrer*innen? Oder gibt es Momente, in denen du dir denkst: „Boah, das würde ich jetzt echt gern sagen, aber ich traue mich nicht“?

Henri: Ne, das Problem habe ich gar nicht. Ich sag´s dann einfach, ich habe ja nichts zu verlieren. Wenn es dann nicht gut ankommt, dann ist es eben so und die Idee landet im Papierkorb.

aula: Fällt dir etwas ein, was es brauchen würde, damit du noch besser mitentscheiden kannst?

Henri: Ne, gerade nicht. Außer: Also ich darf schon sehr viel mitentscheiden, aber ich bin leider kein Klassensprecher. Also ich darf zwar mit in die SMV-Sitzungen kommen, aber ich darf nicht bei Abstimmungen mitmachen.

aula: Das heißt, du diskutierst die ganze Zeit mit, aber am Ende darfst du nicht sagen, ob du dafür oder dagegen bist?

Henri: Ja, genau. Das finde ich schon blöd. Aber ansonsten bin ich schon gerne bei SMV-Sitzungen. Ich glaube, ich werde noch mit 90 im Rollstuhl sitzen und denken: „Ach, das waren tolle Zeiten.“

aula: Wieso möchtest du überhaupt aktiv deine Schule mitgestalten?

Henri: Ich hatte einfach schon immer richtig viel Bock, etwas zu bewirken und Sachen einfach zu machen. Es gibt einige Schüler, die behaupten, die Schule sei ihnen egal. Und diese Ist-Mir-Egal-Haltung habe ich nicht.

aula: Glaubst du, dass es ihnen wirklich egal ist?

Henri: Einigen vielleicht schon. Leider ist es aber bei vielen so, dass sie tatsächlich gerne etwas ändern würden, aber denken, dass sie zu klein dafür sind.

aula: Hast du eine Idee, was den jüngeren Schüler*innen helfen würde?

Henri: aula hilft auf jeden Fall. Aber es muss auch mal so richtig auf den Putz gehauen werden. Lehrer müssen ihren Schülern sagen: „Ey Leute, ihr seid nicht egal. Ihr könnt mitbestimmen, ihr seid ein wichtiger Teil dieser Schule.“

aula: Hast du selbst mal eine Idee auf aula gepostet? Und falls ja, magst du verraten, welche das war?

Henri: Ja, tatsächlich schon. In der SMV ist mal die Idee entstanden ein „Schulkino“ zu machen, das habe ich, als es aula dann bei uns gab, direkt eingestellt. Damit meine ich eine Art Sponsorenkino, wo Filme gezeigt und die Einnahmen dann für einen guten Zweck gespendet werden. Zum Beispiel, um den Menschen in der Ukraine zu helfen oder für eine bessere Bezahlung des Putzpersonals an unserer Schule. Aus der Idee ist dann aber nichts geworden. Wir sind eigentlich schon richtig gut vorangekommen, aber dann ist es an den Lizenzen gescheitert, die man für sowas braucht. Wir hätten halt nicht einfach Star Wars 4 bei uns im Kino zeigen dürfen.

aula: Glaubst du, dass Schüler*innen in Zukunft mehr mitentscheiden dürfen als jetzt?

Henri: Ja, schon. Jetzt gerade endet so die Generation von Lehrern, die sagt: „Wir sind die Chefs und ihr seid die Kinder und habt nicht mitzubestimmen.“ Ich habe das Gefühl, dass im Moment so eine Aufbruchsstimmung wieder herrscht und dass sich in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren viel tun wird und Schüler mehr entscheiden dürfen.

aula: Das heißt, du machst mit jüngeren Lehrer*innen andere Erfahrungen als mit älteren, wenn es um Mitbestimmung geht?

Henri: Ja. Es gibt auch ältere Lehrer, die wahnsinnig Bock haben tolle Sachen zu machen, aber es gibt auch viele, die einfach ihren Lehrplan durchziehen und bei denen es wirkt, als wäre ihnen egal, wie es ihren Schülern geht. Gerade viele junge Lehrer haben dafür umso mehr Lust und ein gutes Verhältnis zu ihren Schülern – die geben sich sehr viel Mühe.

aula: Henri, es dauert noch etwas, bis du die Schule verlässt, aber hast du trotzdem schon etwas, was du dir für nachfolgende Generationen von Schüler*innen wünschst?

Henri: Ich wünsche ihnen, dass die Lehrer ihnen auf Augenhöhe begegnen. Dass die Lehrer wirklich sagen: „Hey, du kannst was bewirken und ich helfe dir dabei.“ Dass die Lehrer sie an die Hand nehmen und den Weg mit ihnen zusammen gehen. Und dass die Schule dann nicht mehr nur ein Ort ist, an dem man lernt, sondern darüber hinaus zu einem tollen Ort wird, wo man einfach gerne seine Zeit verbringt.

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Empfehlungen zu Demokratiebildung und was aula damit zu tun hat

Wir leben in einer Demokratie, aber was bedeutet das eigentlich für unseren Alltag? Die Staatsform hat nicht unbedingt viel mit der Organisation unseres Schul-, Familien- oder Arbeitslebens zu tun. Deshalb müssen Demokratiekompetenzen gezielt vermittelt werden – und zwar ganz besonders auch in der Schule. Am 13. September 2023 hat eine durch die Hertie-Stiftung einberufene hochrangige Kommission einen Bericht vorgestellt, der sich mit der Demokratiebildung von morgen beschäftigt. Wir freuen uns sehr, dass aula Teil der dazugehörigen Toolbox ist. Der Bericht enthält Forderungen an Politik und Schule, während die Toolbox konkrete Vorschläge für Konzepte zur Demokratiebildung sammelt.

Die Expert*innen haben sich eineinhalb Jahre lang mit dem Thema „Demokratie und Bildung“ beschäftigt. Die Kommission wurde unter anderem unterstützt vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und dem ifo Institut. Die beteiligten Expert*innen sind:  

 

Dr. Ingrid Hamm (Leiterin der Kommission, geschäftsführende Gesellschafterin der Global Perspectives Initiative) 

Anna Engelke (Journalistin) 

Maja Finke (Abiturientin des Jahrgangs 2022, ehem. Mitglied des Jugendbeirats der Hertie-Stiftung) 

Diana Kinnert (Publizistin, Unternehmerin, Beraterin) 

Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung) 

Mirko Meyerding (Schulleiter der Gesamtschule Ebsdorfer Grund) 

Prof. Dr. Armin Nassehi (Lehrstuhl für Soziologie an der LMU) 

Prof. Dr. Andreas Schleicher (Direktor des Direktorats für Bildung der OECD, verantwortlich für die PISA-Studie) 

Linda Teuteberg (Bundestagsabgeordnete) 

Prof. Dr. Ludger Wössmann (Leiter des ifo Zentrum für Bildungsökonomik und Professor für VWL an der LMU) 

Weitere Infos zu Arbeit der Kommission

Die Mitglieder der Kommission verbindet die „Überzeugung, dass die heranwachsenden Generationen die bestmögliche Unterstützung brauchen, um die Herausforderungen der kommenden Jahre von internationalen Sicherheitsfragen bis zum Ressourcenverbrauch gut zu bewältigen“ (Bericht „Mehr und besser“ S. 4). Dahinter steht das Wissen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass herausfordernde Fragen zukünftig weiterhin in demokratischen Prozessen ausgehandelt werden. Es entsteht also ein dringender Handlungsbedarf für Demokratiebildung – und zwar möglichst früh.

Die Kommission hat sich insbesondere mit der schulischen Demokratiebildung beschäftigt, weil hier alle jungen Menschen erreicht werden können. Schule hat das Potenzial, ein idealer Lernort für demokratische Prozesse zu sein.

Gelerntes Wissen ist nicht gelebtes Wissen

Politische Bildung findet in der Schule formal statt – wenn auch mit ungleicher Verteilung von Wochenstunden zwischen den Bundesländern und Schulformen. Was jedoch an vielen Schulen fehlt, ist eine lebendige Umsetzung demokratischer Prozesse. Eine Lernumgebung, die über die Theorie von formaler politischer Bildung hinausgeht.

„Eine demokratische Ordnung ist keine Selbstverständlichkeit, sie muss von Menschen getragen werden, die ihre Grundwerte kennen und schätzen und demokratische Praxis eingeübt haben. Weil es keine Demokratie ohne Demokraten und Demokratinnen geben kann und weil Menschen nicht als solche auf die Welt kommen, ist Demokratie eine Bildungsaufgabe – in den Familien und in den Schulen.“ (Bericht „Mehr und besser“ S. 5)

Die Kommission hat strukturelle Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten der Demokratiebildung herausgearbeitet und erleichtert gleichzeitig den Zugang zu konkreten Anwendungsmöglichkeiten. Dafür wurde eine Toolbox entwickelt, die als eine Art Sammlung erprobter Demokratiepraxis für Schulen zu verstehen ist. Wir freuen uns sehr, dass aula in der Kategorie „Partizipation und Selbstwirksamkeit“ empfohlen wird. Die Toolbox soll stetig überarbeitet und erweitert werden.

Forderungen der Kommission

Im Bericht werden Forderungen formuliert, die sich vor allem an politische Entscheider*innen richten.

Dabei geht es um die Umsetzung von Demokratiebildung in Schulen, für die eine „konzertierte Aktion ‚Demokratiebildung‘“ (Mehr und besser, S. 50) gefordert wird – gemeinsam umgesetzt von Verantwortlichen der Bundesregierung und der Bundesländer. Die Bildungsarbeit soll schon früh beginnen, denkbar seien Umsetzungen in der Primarstufe und sogar früher. Dabei braucht es verbindliche Standards, die nicht optional umgesetzt werden können, sondern die durch eine Art Demokratie-Pisa gemessen werden können. Als Anregung für Beteiligungen und Projektumsetzungen werden Anreize von staatlicher Seite wie die Einführung von Demokratiebudgets empfohlen, über die die Schulgemeinschaft gemeinsam entscheidet. Um die Herausforderungen der Demokratiebildung erfolgreich zu meistern, fordert die Kommission mehr Autonomie für Schulleitungen und Lehrkräfte für mehr Gestaltungsfreiheit im Schulalltag. Ganz konkret könne das durch den Einsatz von Demokratiescouts an Schulen unterstützt werden, die sich um die Koordination der Demokratiebildungsangebote kümmern. Das Vertrauen in politische Prozesse und das politische Personal, so die Kommission, sollte durch alltäglichere Besuche von Politiker*innen in Schulen gestärkt werden. Zu guter Letzt fordert die Kommission, dass positive Vorbilder im Feld der Demokratiebildung sichtbar gefeiert werden und dass eine nationale Plattform eingerichtet wird, die evidenzgeprüfte Konzepte sammelt. In Großbritannien gibt es eine solche Plattform schon heute.

Am Tag der Veröffentlichung wurde der Bericht nicht nur im Haus der Bundespressekonferenz vorgestellt, sondern auch dem Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt übergeben.

Und jetzt?

Wir von aula unterstützen, dass sich die Kommission mit ihren Partnerorganisationen und der Hertie-Stiftung dafür einsetzt, dass Demokratiebildung ganz oben auf der Agenda der Verantwortlichen steht. Dabei möchten wir aber auch betonen, was unserer Meinung nach nicht immer ganz klar wird im Bericht: Demokratiebildung muss finanziell nachhaltig gesichert werden und Demokratiebildung muss für alle möglich sein. Entsprechende Förderungen müssen ausgeweitet werden, der Zugang für Schulen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen muss erleichtert werden.

So können wir sicherstellen, dass nicht nur diejenigen Schulen, die über Töpfe aus Fördervereinen und Co. verfügen, eine qualitativ hochwertige Demokratiebildung integrieren. Alle Schüler*innen sollen die Möglichkeit haben, ihre Selbstwirksamkeit zu steigern und von einer demokratischen Schulkultur zu lernen.


„Die Perspektive des Einzelnen hat keine Rolle gespielt“

In wichtigen Bereichen des eigenen Lebens mitbestimmen zu dürfen, fördert das Wohlbefinden und stärkt das Selbstbewusstsein. Allerdings gibt es in Schulen bislang nur selten feste Möglichkeiten zur Einflussnahme – obwohl Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit dort verbringen. Viele Schüler*innen haben daher das Gefühl, dass ihre Ideen und Bedürfnisse nicht gehört werden. Pia ist 21 und studiert im sechsten Semester Englisch und Erziehungswissenschaft auf Lehramt in Münster. In ihrer Schulzeit hat sie erlebt, wie ohnmächtig man sich als Schülerin gegenüber festgefahrenen Strukturen und Hierarchien fühlen kann. An einer Auseinandersetzung mit der Frage, wie Lehrer*innen ihre Schüler*innen diesbezüglich stärken und aus Schulen mehr machen können, als Orte zur Vermittlung von Lehrinhalten, mangelt es nach Pia – selbst im Lehramtsstudium.

 

aula: Pia, in welchen Bereichen in deinem Leben hast du das Gefühl, mitentscheiden zu können? 

Pia: Zunächst im Privatleben – ich darf entscheiden, wofür ich mein Geld ausgebe und welchen Lebensstil ich verfolgen möchte. Dann im Studium, da ich mir selbst aussuchen konnte, was ich studieren möchte und die Möglichkeit habe zwischen verschiedenen Seminaren zu wählen und eigene Schwerpunkte zu setzen. Außerdem gibt es natürlich noch den politischen Bereich, das bedeutet für mich vor allem, dass ich an Wahlen teilnehmen darf. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene kann ich außerdem selbst entscheiden, ob und für welche Themen ich mich engagieren möchte. 

aula: Du scheinst das Gefühl zu haben, dass du auf verschiedene Bereiche in deinem Leben Einfluss nehmen kannst. Hat sich dieses Gefühl verändert, seit du dein Abitur gemacht und die Schule verlassen hast? 

Pia: Ja, ich denke schon. Dadurch, dass ich ausgezogen bin und zum Teil mein eigenes Geld verdiene, habe ich das Gefühl, mehr Spielraum und Entscheidungskraft in meinem Leben zu haben.  

aula: Denkst du, dass du in deiner Schulzeit Einfluss nehmen konntest? 

Pia: Nein, da hatte ich nie wirklich das Gefühl, dass ich Einfluss nehmen kann. Ich habe die Schule als einen Ort wahrgenommen, an dem es sehr feste Strukturen gibt, nach denen man sich verhalten muss und an dem man als Schüler*in gar kein Recht hat, etwas zu verändern. Meine Wahrnehmung war eher, dass einem vermittelt wird, dass es bestimmte Spielregeln und Rollen gibt. Als Schülerin war mir immer klar, was ich machen muss, damit ich erfolgreich meinen Abschluss erreiche. Alles andere erschien mir als zu starr, um es alleine beeinflussen zu können. 

aula: Fällt dir rückblickend etwas ein, was du gerne in der Schule verändert hättest? 

Pia: An der Uni habe ich die Möglichkeit, meine Prüfungsleistung auf unterschiedliche Arten zu erbringen – ich kann eine Klausur schreiben, ein Referat halten oder eine Hausarbeit abgeben. In der Schule ist das bislang nicht möglich, wobei ich finde, dass mehr Varianz in der Leistungserbringung auch hier viele Vorteile haben kann. Es gibt immer Schüler*innen, die sich zum Beispiel nicht wohl damit fühlen, vor der ganzen Klasse zu sprechen oder andere, die Angst vor Klausuren haben. Ich glaube, mehr Flexibilität an dieser Stelle könnte Schüler*innen entlasten.  

aula: Warst du in der Schüler*innenvertretung oder gab es ein anderes Amt, was du in deiner Schulzeit inne hattest? 

Pia: Nein, beides nicht. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass es eine für diese Ämter prädestinierte Gruppe an Schüler*innen gibt, zu der ich mich selbst nicht gezählt habe. Außerdem hatte ich auch privat viel zu tun und dachte mir: „Naja, wenn die das machen, muss ich mich da ja nicht auch noch einmischen.“ Das ist vielleicht die falsche Einstellung, aber ich bin einfach davon ausgegangen, dass es schon genug engagierte Schüler*innen gibt. Man muss aber auch sagen, dass nie jemand aktiv auf mich zugekommen ist und mich zum Mitmachen motiviert hat. Das hat mein Gefühl, dass ich dort nicht gebraucht werde, wahrscheinlich noch verstärkt. 

aula: Hast du mitbekommen, was in der Schüler*innenvertretung so besprochen wurde? 

Pia: Es ist nicht vollends an mir vorbeigegangen. Zwischendurch habe ich ein bisschen was mitbekommen und ich wusste, dass sie einmal die Woche ihre Sitzung haben und welche Aktionen sie so planen. Aber ich könnte jetzt keine Details nennen. 

aula: Ist es dir in der Schule leichtgefallen, deine Ideen und Bedürfnisse zu äußern? 

Pia: Ich glaube, dass ich mich eher im Stillen beschwert habe, wenn mich etwas gestört hat – oder höchstens noch bei Freund*innen. Ich hatte immer das Gefühl, dass selbst die Schüler*innenvertretung nicht wirklich etwas an der Schule bewegen kann. Mir hat eine Plattform gefehlt, über die ich meine Meinung äußern kann. Es gab nie die Gelegenheit, zu sagen, was einen an der eigenen Schule gefällt oder stört, es wurde nie ein Stimmungsbild von den Schüler*innen eingeholt. Die Perspektive des Einzelnen hat keine Rolle gespielt.   

aula: Bedeutet das, dass du dich in deiner Schulzeit nicht als Individuum gesehen gefühlt hast? 

Pia: Ich glaube, die Rolle als Schüler*in ist klar vorgegeben: Du sollst im Unterricht anwesend sein und dich dort so gut wie möglich beteiligen. Außerhalb des Unterrichts wusste ich nicht, was meine Rolle sein soll. Also bin ich in den Unterricht gegangen, war dort in meiner Rolle als Schülerin, dann ging ich in die Pause und war quasi raus aus dem Ganzen. Schule wird so zu einem Ort, den man für den Unterricht besucht und wieder verlässt, sobald man seine Rolle in diesem erfüllt hat. 

aula: Was hätte es gebraucht hätte, damit Schule mehr als Unterricht ist? 

Pia: Ich denke, dass es an einer Plattform oder Möglichkeit gefehlt hat, über die man seine Meinung kundtun kann – bestenfalls anonym, weil es nicht für jede Person gleich einfach ist, etwas zu kritisieren und Veränderung einzufordern. Es wäre wichtig gewesen, sich gefragt zu fühlen.  

aula: Pia, warum studierst du auf Lehramt? 

Pia: In erster Linie habe ich Interesse an den Fächern, die ich studiere. Aber ich habe auch schon immer gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammengearbeitet und zum Beispiel lange Zeit Schwimmkurse gegeben. Das hat mir gezeigt, dass es mir Spaß macht, Kindern etwas beizubringen und einen positiven Einfluss auf ihre Entwicklung zu haben.  

aula: Glaubst du, dass dir die negativen Erfahrungen, die du als Schülerin bezüglich Beteiligung in der Schule gemacht hast, langfristig im Gedächtnis bleiben? Oder beginnen die Erinnerungen schon zu verblassen? 

Pia: Mir ist es jetzt schon teils schwergefallen, mich zu erinnern – und so lange ist das alles echt nicht her. Ich glaube, mit den Jahren reduziert man das Ganze auf die Unterrichtsperspektive, also, dass man noch in etwa weiß, wie man den Unterricht erlebt hat, aber alles andere immer mehr in den Hintergrund gerät. 

aula: Wird in deinem Studium über Themen wie Mitbestimmung oder Selbstwirksamkeit von Schüler*innen geredet? 

Pia: Ich habe in beiden Fächern in je einem Seminar über Selbstwirksamkeit gesprochen, aber nicht im Sinne von Mitbestimmung, sondern eher im Sinne von Motivation und inwieweit Selbstwirksamkeit durch den Unterricht gestärkt werden kann. Es spielt dementsprechend als Begriff schon eine Rolle, aber eher in der Didaktik. Im Sinne von Mitbestimmung wird das gar nicht thematisiert. 

aula: Fändest du es sinnvoll, wenn die Thematik auch nicht-unterrichtsbezogen besprochen werden würde? 

Pia: Auf jeden Fall. Bislang ist das Lehramtsstudium sehr fächerbezogen und beschäftigt sich kaum mit schulischen Themen. Ich hatte bis jetzt nur ein oder zwei Seminare, in denen Schule überhaupt mal angesprochen wurde. Das bedeutet, dass aus meiner Sicht überhaupt mehr über Schule insgesamt gesprochen werden muss und nicht nur über Selbstwirksamkeit oder Mitbestimmung von Schüler*innen. Es gibt auch viel zu wenig Praxisphasen im Studium und somit kaum Gelegenheit, Erfahrungen in der Schule sammeln zu können. 

aula: Glaubst du, dass Projekte wie aula dabei helfen können, dass Schüler*innen positive Beteiligungserfahrungen machen? 

Pia: Ja! Es ist immer schön, wenn Schüler*innen das Gefühl bekommen, gehört zu werden und innerhalb dieses starren Schulsystems in kleinen Schritten etwas verändern zu können. Außerdem glaube ich, dass es auch für die Lehrkräfte wichtig ist mitzubekommen, wo die Interessen der Schüler*innen liegen und welche Ideen sie haben. 

aula: Glaubst du, dass Schüler*innen in ein paar Jahren mehr Mitentscheidungsrechte haben werden? 

Pia: Wenn ich jetzt direkt „Nein“ sage, hört sich das so negativ an. Ich sag´s mal so: Wenn ich mir die Zeit von meinem Abitur bis jetzt angucke, stelle ich fest, dass sich nicht viel an deutschen Schulen verändert hat. Aber wenn es in den nächsten Jahren immer mehr Projekte gibt, die sich für Schüler*innen einsetzen und diese auch von den Schulen angenommen werden, denke ich, dass sich eine positive Entwicklung ankurbeln lassen könnte. 

aula: Was wünschst du dir für nachfolgende Generationen von Schüler*innen? 

Pia: Ich hoffe, dass ihnen das Gefühl gegeben wird, ihre eigene Meinung äußern und etwas bewirken zu können. Ich glaube, dass die Motivation und Stimmung an einer Schule positiv beeinflusst werden kann, wenn Schüler*innen sich in der Lage fühlen, kleine Veränderungen herbeiführen zu können. 

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„Schüler*innen verstehen, dass man Veränderung einfordern kann“

In wichtigen Bereichen des eigenen Lebens mitbestimmen zu dürfen, fördert das Wohlbefinden und stärkt das Selbstbewusstsein. Allerdings gibt es in Schulen bislang nur selten feste Möglichkeiten zur Einflussnahme ­– obwohl Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit dort verbringen. Viele Schüler*innen haben daher das Gefühl, dass ihre Ideen und Bedürfnisse nicht gehört werden. Vincent ist siebzehn Jahre alt und geht in die zwölfte Klasse der Ellen-Key-Schule in Berlin. Er findet, dass es an seiner Schule genug offene Ohren für kleine Wünsche gibt. Auf der politischen Ebene jedoch passiere zu wenig – niemand rüttelt mal am System.

 

aula: Vincent, in welchen Bereichen in deinem Leben hast du das Gefühl, dass du mitentscheiden kannst?

Vincent: Im privaten Bereich kann ich mitentscheiden. Alles, was mich betrifft, entscheide ich im Prinzip selbst ­– was ich beruflich machen möchte, zum Beispiel. Wenn es auch um andere geht, dann hat man schon weniger Entscheidungsmacht. Und in so großen Institutionen wie der Schule, wenn es feste Strukturen gibt und verschiedene Positionen darin, dann ist es sehr schwer, etwas zu ändern.

aula: Das heißt, du nimmst die Schule als einen Bereich wahr, in dem du weniger Einflussmöglichkeiten hast als in deinem privaten Umfeld?

Vincent: Ja, genau. Aber auch die Politik. Das sind beides Bereiche, in denen es feste Grundsätze gibt, an denen man nicht so leicht etwas verändern kann.

aula:  Bedeutet das, dass es dir in der Schule schwerer fällt, deine Bedürfnisse und Ideen einzubringen?

Vincent: Es kommt sehr darauf an, welche Bedürfnisse das sind. An dem Benotungssystem oder dem Unterrichtsstoff kann man nicht rütteln. Da ist alles sehr starr.

aula: Würdest du gerne daran rütteln?

Vincent: Ja! Man könnte sollte sich mal ernsthaft fragen, wieso man das alles so macht. Das Notensystem wird ja bereits viel kritisiert. Ich finde, da sollte man wirklich mal was ändern.

aula: Was ist denn mit kleineren Wünschen, die nicht das große Ganze, aber trotzdem den Bereich Schule betreffen? Kannst du die äußern?

Vincent: Wenn es um kleinere Dinge geht, kommt es vor allem darauf an, an wen man sich wendet. Aber ich finde, an unserer Schule funktioniert es ganz gut. Es gibt viele engagierte Lehrer*innen, die man ansprechen kann, wenn man eine Idee oder einen Wunsch hat. Außerdem haben wir Schülersprecher*innen, die sich einsetzen.

aula: Das heißt, man stößt mit seinen Anliegen in der Regel auf offene Ohren?

Vincent: Mit den kleinen Anliegen schon. Aber wenn es um größere und eher grundsätzliche Fragen geht, dann passiert eigentlich nichts, wie gesagt.

aula: Was sind denn Beispiele für solche Wünsche oder Bedürfnisse, die du selbst hast oder die du häufiger von anderen hörst?

Vincent: Wenn es spezifisch um unsere Schule geht, dann ist gerade ein großes Thema, dass wir den vorderen Pausenhof nicht verändern dürfen. Aus Denkmalschutz-Gründen. Das ist allerdings der Bereich für die Oberstufenschüler*innen. Aktuell müssen wir quasi auf dem Gehweg stehen in unseren Pausen, weil wir eben keine Bänke oder sowas aufstellen dürfen. Das ist ziemlich nervig, aber da kann die Schule selbst nichts dran ändern. Davon abgesehen geht es viel um das System an sich, darum, dass die Notenvergabe oft ungerecht ist, zum Beispiel. Wir haben gerade erst wieder eine Matheklausur nach den Ferien geschrieben. Die fallen bekanntermaßen immer schlechter aus als die Klausuren, die vor den Ferien geschrieben werden. Aber da wird nichts verändert, das bleibt einfach so, obwohl wir uns beschweren. Weil man es schon immer so gemacht hat.

aula: Was bräuchte es, damit du besser mitentscheiden kannst – wenn wir jetzt einmal bei den kleineren Ideen bleiben, die sich direkt an deiner Schule umsetzen lassen?

Vincent: Also einmal, dass sich noch mehr Lehrkräfte offen für Veränderung zeigen. Dass man irgendwann wirklich mit allen reden kann und da nicht vor die Wand läuft. Aber dann auch so Möglichkeiten wie aula zum Beispiel. Projekte, die Schüler*innen dabei unterstützen, sich einzubringen.

aula: Konnte das aula-Projekt denn etwas für dich persönlich verändern?

Vincent: Ich war an der aula-Einführung an meiner Schule beteiligt. Da durfte ich zum Beispiel, gleichberechtigt mit den Lehrer*innen, darüber abstimmen, ob wir aula vor oder nach den Ferien starten. Das war schon cool. Das Gefühl, wie sehr man mitbestimmen darf, das hat sich schon verändert. Auch dadurch, dass man sich nicht mehr durch unnötig komplizierte oder unangenehme Situationen durchkämpfen muss, um eine Idee einzubringen. Dass man seine Idee direkt in der App posten kann, sorgt dafür, dass man auch mehr Lust hat mitzuentscheiden. Aber bisher ist aula bei uns eher noch in der Anfangsphase, also konkrete Projekte wurden noch nicht umgesetzt.

aula: Hast du selbst schon Ideen über aula eingebracht?

Vincent: Noch nicht wirklich. Aber wir Schüler*innen wollen ja auch oft das Gleiche. Zum Beispiel, dass die Toiletten nicht so oft verschmutzt sind oder dass es dort immer Toilettenpapier gibt und man nicht erst danach fragen muss. Da sind sich alle einig, dass sich da etwas verändern muss.

aula: Gibt es etwas, was du dir für nachfolgende Generationen von Schüler*innen wünschen würdest?

Vincent: Ja, Veränderung in diesen grundsätzlichen Themen. Zum Beispiel im Fach Sport sollte nicht so streng benotet werden. Da sollten alle, die sich wirklich anstrengen, auch die Chance auf eine gute Note haben. Beziehungsweise sollten wir uns vielleicht auch mal überlegen, ob es in Fächern wie Sport wirklich Noten braucht.

aula: Glaubst du, dass es in der Zukunft mehr Mitentscheidungsrechte für Schüler*innen geben wird?

Vincent: Ich weiß es nicht. Ich weiß, man soll immer positiv bleiben, aber es gab bisher so wenig Veränderung, dass ich da nicht besonders zuversichtlich bin. Da braucht es eine Veränderung in der Politik, also dass da wirklich mal der Wille zu Reformen in unserem Schulsystem aufkommt und das sehe ich noch nicht. Da bin ich gerade eher pessimistisch.

aula: Und im kleineren Rahmen?

Vincent: Ja, also da tut sich was. Mit Projekten wie aula zum Beispiel, aber auch dadurch, dass Schüler*innen durch das Internet, die sozialen Medien, die Globalisierung und so weiter früher politisch aktiv werden und verstehen, dass man Veränderung auch einfordern kann.

aula: Also denkst du, dass Schüler*innen in der Zukunft stärker dafür einstehen werden, dass sie mitbestimmen dürfen?

Vincent: Ja, genau. Ich glaube nicht, dass das die große Veränderung bringen wird. Aber im kleinen Rahmen, da kann sich zukünftig etwas bewegen.

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„Ich musste erst lernen, meine Meinung einzubringen“

In wichtigen Bereichen des eigenen Lebens mitbestimmen zu dürfen, fördert das Wohlbefinden und stärkt das Selbstbewusstsein. Allerdings gibt es in Schulen bislang nur selten feste Möglichkeiten zur Einflussnahme ­– obwohl Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit dort verbringen. Viele Schüler*innen haben daher das Gefühl, dass ihre Ideen und Bedürfnisse nicht gehört werden. Dass es auch anders geht, zeigt ein Interview mit Edda. Edda ist siebzehn Jahre alt und geht in die zwölfte Klasse der Ellen-Key-Schule in Berlin. Als Klassensprecherin erlebt sie, dass Mitbestimmung in der Schule funktionieren kann. Sie weiß aber auch, dass es dafür vor allem zwei Dinge braucht: Durchsetzungsfähigkeit und Zeit.

 

aula: Edda, zum Einstieg eine sehr große Frage: In welchen Bereichen in deinem Leben hast du das Gefühl, dass du mitentscheiden kannst?

Edda: Da gibt es viele! Erstmal in meiner Familie. Meiner Mutter ist die Meinung von uns Kindern sehr wichtig. Außerdem bin ich in einer Beziehung, da ist es natürlich auch wichtig, dass beide mitentscheiden können. In der Schule kann ich auch mitentscheiden. Allerdings sind das alles Felder, in denen ich erst im Laufe der Zeit gelernt habe, wie ich meine Meinung am besten einbringen kann – und dass ich mich trauen muss, es anzusprechen, wenn ich finde, dass ich nicht genug einbezogen werde.

aula: Hast du das Gefühl, dass du auf politischer Ebene Einflussmöglichkeiten hast?

Edda: Ja, klar. Ich bin siebzehn, das heißt, ich darf zumindest bei manchen Wahlen mitwählen. Ansonsten kann ich mich an Demonstrationen beteiligen. Natürlich hat man mehr Einfluss-möglichkeiten, wenn man volljährig ist, aber momentan stört mich das nicht. Ich merke, dass ich in den letzten zwei Jahren reifer geworden bin und erst jetzt angefangen habe, mich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen. Außerdem werde ich in zwei Wochen schon achtzehn, also mal sehen, wie es dann wird.

aula: Du hast gesagt, dass Schule ein Bereich ist, in dem du mitentscheiden darfst. Fällt es dir leicht, dich in der Schule mit deinen Ideen und Bedürfnissen einzubringen?

Edda: Es ist nicht immer ganz einfach. Hier an der Schule gibt es achthundert Schüler, daher ist es schwer, alle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Ich bin Klassensprecherin und damit Teil der Schülerversammlung, weshalb ich besondere Einflussmöglichkeiten habe. In der Schülerversammlung können wir Probleme gezielt ansprechen und die Anliegen von Klassen und Kursen einbringen. Da funktioniert das mit dem Beteiligen und Sich-Durchsetzen ganz gut. Gerade, weil unsere Schülersprecher in einem engen Austausch mit der Schulleitung stehen und so die Bedürfnisse der Schüler über sie weitergegeben werden können.

aula: Die Schülerversammlung wird deiner Meinung nach also ernstgenommen?

Edda: Ja, werden wir. Aber natürlich gibt es auch Dinge, die sagt man immer wieder und es funktioniert nicht.

aula: Was denn zum Beispiel?

Edda: Aktuell versuchen wir durchzusetzen, dass es Periodenprodukte auf den Schultoiletten gibt. Das Problem ist, dass einige Lehrer davon ausgehen, dass nicht sorgsam damit umgegangen wird. Dass die Produkte geklaut werden oder sowas. Ich finde, da bräuchte es eine Probephase, um zu testen, ob es nicht doch funktionieren kann. Daher: Es gibt schon manchmal ein Gegeneinander von den Bedürfnissen der Schüler und den Vorannahmen der Lehrer.

aula: Fühlst du dich heute ernstgenommener als in der Unterstufe oder vor deiner Zeit als Klassensprecherin?

Edda: Innerhalb der Schülerschaft auf jeden Fall. Wenn man älter ist, wird man auch eher ernstgenommen. Aber ich habe gemerkt, dass es mir in diesem Jahr weniger wichtig geworden ist, dass auf mich gehört wird. Ich gehe nur noch anderthalb Jahre zur Schule. Daher ist für mich wichtiger, was jüngere Schüler wollen. Außerdem war ich im letzten Schuljahr definitiv engagierter als jetzt, da hatte ich mehr Zeit. Das war eine coole Erfahrung, weil ich das Gefühl hatte, wirklich mitwirken zu können. Aber jetzt konzentriere ich mich stärker auf den Unterricht. Ich habe einfach nicht mehr so viel Zeit für Engagement in der Schule, weil ich immer Gefahr laufe, Stoff zu verpassen. Wenn ich in der Schülerversammlung sitze, verpasse ich bereits zwei Stunden, die ich anschließend nachholen muss.

aula: Das bedeutet, dass du dich eigentlich gerne mehr engagieren würdest, aber dir die Zeit dafür fehlt?

Edda: Ja, genau. Es fehlt allen an Zeit. Es gibt wohl manchmal Freistunden, die man theoretisch nutzen kann, um sich zu engagieren, aber weil nicht alle gleichzeitig frei haben, gibt es immer Schüler, die für ihre Teilnahme im Unterricht fehlen und dann alles nacharbeiten müssen. Manchmal riskiert man sogar eine Fehlstunde.

aula: Was bräuchte es außer Zeit noch, damit du besser mitentscheiden kannst?

Edda: Wenn man eine Idee oder ein Anliegen hat, ist es manchmal gar nicht so einfach herauszufinden, an wen man sich damit wenden kann. Theoretisch kann man immer zur Schulleitung gehen, aber die kann sich nicht um achthundert Schüler gleichzeitig kümmern. Es würde deswegen helfen, wenn regelmäßig direkt bei den Schülern nachgefragt wird, was gerade gebraucht wird. Aber vor allem braucht es mehr Zeit.

aula: Hat deine Teilnahme an dem aula-Projekt etwas für dich verändert?

Edda: Durch aula wurde mir zum ersten Mal bewusst, in welchen Bereichen wir Schüler vorher überhaupt nicht mitreden durften. Außerdem finde ich den Aufbau des Projekts gut. Also, dass es verschiedene Phasen gibt, durch die eine Idee immer konkreter wird. Und es ist schön zu wissen, dass die Idee auch umgesetzt werden muss, wenn sie es durch alle Phasen geschafft hat. Manchmal gibt es natürlich Schwierigkeiten: Die Idee mit den Periodenprodukten hat zwar viele Stimmen bekommen, aber es sind auch einige Problempunkte aufgekommen, an die ich vorher gar nicht gedacht habe. Oder ein anderes Beispiel ist, dass wir Sitzbänke vor dem Schulgebäude aufstellen wollten, was nicht geht, weil die Fassade nicht verändert werden darf. Das bedeutet, dass nicht immer alles klappt, aber zumindest erfahren wir Schüler jetzt die Gründe dafür. Dadurch merkt man, dass es nicht daran liegt, dass unsere Ideen nicht erwünscht sind. Wir wissen jetzt, wo wir ansetzen können, wenn wir etwas bewegen wollen.

aula: Was würdest du dir für nachfolgende Generationen von Schüler*innen wünschen?

Edda: Das ist für mich ein Riesenthema, weil ich noch zwei jüngere Geschwister habe. Ich wünsche mir natürlich, dass zum Beispiel das aula-Projekt ausgeweitet und intensiver genutzt wird, damit Schüler ihre Meinung besser einbringen können. Außerdem wünsche ich mir sowas wie Projekttage. Wir wollten mal unseren Klassenraum umgestalten, aber das ging nicht, weil es mal wieder keine Zeit dafür gab. Feste Projekttage könnte man gut für sowas nutzen.

aula: Denkst du, dass es in den nächsten Jahren mehr Mitentscheidungsmöglichkeiten für Schüler*innen geben wird?

Edda: Ja, ich würde sagen, dass wir auf einem guten Weg dahin sind. Die Digitalisierung ist dafür wichtig, denke ich. Früher gab es nicht die Möglichkeit, dass achthundert Schüler gleichzeitig zusammenkommen und sich austauschen ­– heute geht das auf digitalem Wege schon. Ich glaube, dass es noch etwas braucht, um alles wirklich in Gang zu bringen, aber dann ist einiges möglich. Hier an der Schule wurden bereits einige Projekte gestartet und es gibt viele engagierte Lehrer, an die man sich immer wenden kann und die einem helfen. Es wird also bereits versucht, etwas zu verändern.

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„Für mich ist Schule viel mehr als nur Unterricht“

In wichtigen Bereichen des eigenen Lebens mitbestimmen zu dürfen, fördert das Wohlbefinden und stärkt das Selbstbewusstsein. Allerdings gibt es in Schulen bislang nur selten feste Möglichkeiten zur Einflussnahme ­– obwohl Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit dort verbringen. Viele Schüler*innen haben daher das Gefühl, dass ihre Ideen und Bedürfnisse nicht gehört werden. Jannis ist achtzehn Jahre alt und Schüler der zwölften Klasse des Wentzinger-Gymnasiums in Freiburg. Als Schülersprecher erlebt er die Schule als einen Ort, den er selbst mitgestalten kann. Jannis weiß aber, dass das längst nicht auf alle Schüler*innen zutrifft – und hat Ideen, was getan werden könnte, um das zu ändern.

 

aula: Jannis, in welchen Bereichen in deinem Leben hast du das Gefühl, dass du mitentscheiden kannst?

Jannis: Erstmal im Privaten natürlich. Alles, was mein eigenes Leben betrifft, darf ich selbst entscheiden – beispielsweise Fragen wie die, was ich nach dem Abitur machen möchte. Und dann bedeutet mitentscheiden ja nicht, dass ich alles allein entscheiden darf. Daher würde ich sagen, ich kann auch im Orchester mitentscheiden. Aber da wird es schon schwieriger, weil dort Hierarchien ins Spiel kommen. In der Schule fühle ich mich eigentlich auch gehört, obwohl die Hierarchien dort noch stärker sind und die Vorgaben von oben nach unten oft sehr absolut, sodass ich, wenn es um die großen Dinge geht, doch recht wenig mitentscheiden kann.

aula: Das heißt, du erlebst da schon eine Abstufung? Also solange es dich selbst betrifft, kannst du eigentlich alles entscheiden, im Orchester wird es etwas weniger und in der Schule noch weniger? Also sprich: Je stärker und festgefahrener die Hierarchien werden, desto weniger fühlst du dich, als könntest du mitbestimmen?

Jannis: Ja, genau.

aula: Was ist mit dem politischen Bereich?

Jannis: Ich habe das Wahlrecht, aber konnte es noch nicht nutzen. Ansonsten denke ich, dass es auch in der Politik so ist, dass man, wenn man etwas erreichen möchte, enorm viel Zeit und Energie aufwenden muss. Man kann das schon schaffen, über Bürgerbeteiligung oder andere formelle Wege, aber je höher es geht, desto schwieriger wird es. Damit meine ich: Auf kommunaler Ebene funktioniert es noch einigermaßen. Ich habe in Freiburg mit anderen Schülersprechern eine Schülervertretung neu aufgebaut und darüber schon das Gefühl bekommen, kommunal mitreden zu können. Aber bezogen auf die Landes- oder Bundespolitik… Da braucht es dann schon einiges, um etwas durchzusetzen.

aula: Lass uns noch einmal auf den Bereich Schule zurückkommen: Fällt es dir persönlich leicht, deine Ideen und Vorstellungen in der Schule einzubringen?

Jannis: Ja, aber ich habe als Schülersprecher auch eine besondere Rolle. Trotzdem würde ich sagen, dass es bei uns an der Schule insgesamt ganz gut funktioniert. Man wird als Schüler von der Schulleitung gehört und ernstgenommen. Ich selbst natürlich stärker, weil ich immer auch in meiner Rolle als Schülersprecher spreche, aber das Miteinander an unserer Schule ist insgesamt positiv. Trotzdem gibt es auch Ideen, mit denen man scheitert. Zum Beispiel finde ich, dass wir dringend die Abiturthemen reduzieren müssten, aber da ist nichts zu machen, da das eben die Vorgaben von ganz oben sind. Da fühle ich mich manchmal schon ohnmächtig angesichts des Systems. Aber solange die Themen gezielt unsere Schule betreffen, fühle ich mich gehört.

aula: Was denkst du, sind Gründe dafür, dass sich andere Schüler*innen weniger ernstgenommen fühlen als du?

Jannis: Für mich ist Schule viel mehr als nur Unterricht: Ich mache eigene SMV-Projekte, bin im Orchester, gehe abends zu Veranstaltungen und so weiter. Für andere ist Schule dann doch mehr dieses „Ich gehe hin, ich gehe in den Unterricht, ich gehe wieder nach Hause.“ Diejenigen, die Schule nur als Unterricht sehen und froh sind, sobald sie das Schulgelände nachmittags wieder verlassen dürfen, haben häufiger das Gefühl, nichts verändern zu können. Sich in der Schule zu engagieren ist unglaublich viel Arbeit. Man kämpft die ganze Zeit gegen Hierarchien an und bis man eine Kleinigkeit erreicht hat, kann es unter Umständen ganz schön lange dauern. Man braucht einen langen Atem und ich kann verstehen, dass manche sagen, dass sie da schlichtweg keine Lust drauf haben.

aula: Als Schülersprecher fühlst du dich ernstgenommen – aber wie war es, bevor du dieses Amt innehattest?

Jannis: Da gab es schone eine Entwicklung. Ich habe erst als ich Klassensprecher wurde das Gefühl bekommen, dass ich mitentscheiden kann. Wenn man jünger ist, reden auch die Eltern noch sehr viel rein – das erlebe ich andauernd. Wenn die Unterstufenschüler zum Beispiel ihre Handys in der Schule nutzen wollen, springen die Eltern direkt aufs Dach. Und auch Probleme werden häufig eher durch eine Mail der Eltern an die Lehrer gelöst. Da zeigt sich, dass man die jüngeren Schüler oft nicht ausreichend ernstnimmt.

aula: Fällt dir etwas ein, was es noch brauchen würde, damit du besser mitentscheiden kannst?

Jannis: Es braucht von allen Seiten eine größere Gelassenheit. Dass man Sachen einfach mal laufen lässt und Schülern etwas zutraut. Oft beschränken sich die Ideen von SMV auf Kleinigkeiten – eine Änderung der Hausordnung, neue Möbel auf dem Schulhof und so weiter. Daher würde ich mir mehr Raum für größere Ideen und Projekte wünschen. Damit meine ich auch, dass man zum Beispiel für Projekte wie aula Freiraum in der Unterrichtszeit schafft, damit nicht immer alles Zusätzliche in der Freizeit stattfinden muss. Außerdem sollten die Ideen von Schülern mehr anerkannt und auch begleitet werden. Darum geht es letztendlich: Dass Kapazitäten bereitgestellt werden, finanziell, aber auch personell, um Schüler wirklich bei der Umsetzung ihrer Vorhaben zu unterstützen. Dass nicht immer gesagt wird Das ist euer Ding, sondern gezeigt wird Es ist auch uns ein Anliegen.

aula: Denkst du, dass, wenn es mehr finanzielle und personelle Ressourcen gäbe, es auch zu mehr Beteiligung seitens der Schüler*innen käme?

Jannis: Ja, denn bisher ist jegliches Engagement zusätzliche Arbeit in der Freizeit. Ich merke zum Beispiel, dass, wenn ein SMV-Projekt während der Unterrichtszeit stattfindet, plötzlich andere Schüler dabei sind. Die chillen dann nicht und genießen die unterrichtsfreie Zeit, sondern sind wirklich motiviert bei der Sache. Es ist für viele einfach entspannter mitzuwirken, wenn du nicht andauernd deine große Pause opfern musst, um an einem Projekt mitzuarbeiten. Wenn anerkannt wird, dass ein SMV-Projekt genauso wichtig für das Leben sein kann wie das Durchdringen der Photosynthese bis ins letzte Detail, wird es möglich, dass sich mehr Schüler angesprochen fühlen und mitwirken wollen.

aula: Konnte das aula-Projekt in der Hinsicht etwas verändern?

Jannis: Es hat etwas gedauert, bis aula so richtig Fahrt aufgenommen hat bei uns. Die große Veränderung gab es bislang nicht, aber ich bleibe da positiv. Bislang werden vor allem Ideen eingestellt, die mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, schwer umzusetzen sind. So langsam hat sich aula aber in den Schulalltag eingeschlichen und es kommen auch kleinere Ideen dazu. Letztens im Deutschunterricht fragte eine Person, wieso es in der Schule eigentlich keinen Automaten geben würde, an dem man Hefte und Stifte kaufen kann und jemand anderes entgegnete: „Stell das doch auf aula ein.“

aula: Stellt ihr als Schüler*innenvertretung auch eure Ideen auf aula ein?

Jannis: Ne. Das wollten wir eigentlich machen tatsächlich, aber es ist bisher immer zwischen anderen Projekten untergegangen. Wir nutzen aber bereits aula, um die Ideen der anderen Schüler von dort aufzunehmen.

aula: Du machst ja im nächsten Jahr Abitur – bist du traurig, dass du deine Schule bald verlassen wirst?

Jannis: Ich glaube, wenn man nach dem Abitur etwas passendes für sich findet – ein Studium, eine Ausbildung oder so – dann ist das sicherlich erfüllender als Schule. Trotzdem wird irgendwas fehlen. Ich gebe mein Amt jetzt im Sommer ab, aber habe das noch gar nicht richtig realisiert. Ich will mich ab da komplett raushalten und die Vorstellung ist schon merkwürdig nach so vielen Jahren. Also ja, ein bisschen wehmütig bin ich schon und mir wird definitiv etwas fehlen. Natürlich gibt es Alternativen und ich könnte mich dann zum Beispiel kommunalpolitisch beteiligen, aber die Schule ist doch ein besonderer Ort – du kennst die Leute und die Abläufe und über die Jahre wächst man dann schon zusammen.

aula: Gibt es etwas, was du dir für nachfolgende Generationen von Schüler*innen wünschst?

Jannis: Noch mehr Einfluss. Und Rechte. Ich fände es zum Beispiel ein total starkes Signal, wenn bestimmte Themen nicht ausschließlich in Schulkonferenzen, sondern auch direkt mit Schülern besprochen werden würden und die dann auch eine gleichwertige Stimme hätten. Außerdem wünsche ich mir einen deutlich reduzierten Lehrplan mit mehr Freiheiten. Auch neue Formen des Lernens – es ist doch absurd, dass ich teils von morgens um acht bis abends um fünf in einem Klassenzimmer sitze und die Tafel anschaue. Ich wünsche mir, dass man das alles auflockert und individueller gestaltet.

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Schule. Leben. Zukunft. Kampagnenstart von “Du bist Demokratie!”

Wenn wir hundert junge Menschen fragen, “Wer von euch hat das Gefühl, etwas an den Problemen in der Welt verändern zu können?”, wie viele melden sich dann wohl?   

Wenn man nach den von der OECD veröffentlichten Zahlen der Pisa Studie aus 2018 geht: etwa 40 Prozent. Damit liegt Deutschland im Vergleich von 64 Ländern auf dem letzten Platz. Inzwischen haben wir 2023. Junge Menschen haben Klimaschutz auf die öffentliche Agenda gebracht, For Future-Bewegungen, Zuwachs in den Parteien. Wie steht es heute um die Überzeugung, zur Lösung der globalen Problemlage beitragen zu können? Als wir vor Kurzem bei einem aula-Workshop etwa 100 junge Menschen gefragt haben, wer hier etwas an den Problemen der Welt ändern kann, melden sich insgesamt acht Jugendliche. In der ersten Gruppe sind es sieben von circa 50 Schüler*innen. In der zweiten Gruppe meldet sich EIN einziger Sechstklässler. Wir formulieren die Frage um. “Wer hat das Gefühl, etwas verändern zu können? Bitte Hand heben” – eine Hand. “Wer hat das Gefühl, nichts ändern zu können?” – 49 Hände.  

Schule als Spiegelbild der Gesellschaft  

Diese anekdotische Umfrage erhebt keinen Anspruch auf deutschlandweite Übertragbarkeit, aber die Anzeichen sprechen für sich. Die rechtspopulistische AfD hat ihre höchsten Umfrageergebnisse seit fünf Jahren. Weltweit werden populistische Bewegungen immer beliebter, immer mehr Demokratien hören auf, Demokratien zu sein. Die Erfahrung, die wir seit 2016 mit aula machen, ist in gewisser Weise ein Spiegelbild eines größeren gesellschaftlichen Problems im Kleinen. Wenn Schüler uns gegenüber äußern, dass die Lehrer*innen “doch eh machen, was sie wollen”, kann hier eine Vorstufe für die Überzeugung entstehen, “die da oben machen doch eh machen, was sie wollen”. Tatsächlich haben die meisten jungen Menschen in der Schule kaum eine Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, sich mit Dingen zu beschäftigen, die ihnen am Herzen liegen, die mit ihnen und ihrem direkten Erleben zu tun haben. Genau dadurch entsteht aber Selbstbewusstsein, Verantwortungsgefühl und Selbstwirksamkeit – also die Erfahrung, das sich durch das eigene Handeln etwas verändert. Wenn schon in der Schule das Gefühl dominiert, ohnehin keinen Einfluss zu haben, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich nach der Schule für Mitmenschen, Umwelt, eine bessere Zukunft engagiere?   

Anpassung versus Fähigkeiten für die Zukunft  

Gleichzeitig fordert das Schulsystem in vielerlei Hinsicht Anpassung und das Wiedergeben von theoretischem Wissen. Das merken wir vor allem, wenn wir Schüler*innen offene Fragen stellen, bei denen es keine richtige oder falsche Antwort gibt, wo es um ihre Sicht der Dinge geht. Hier herrscht dann oft Unsicherheit. Manchmal bekommen wir auf die Frage, was sie gerne an ihrer Schule verändern würden, dann sogar ganz direkt die Gegenfrage “Was wollen Sie denn hören?”.  Wer sich immer nur anpasst und Wissen reproduziert, trainiert aber nicht grundlegende demokratische Fähigkeiten: das Beobachten der Gesellschaft und der Bedürfnisse anderer, das aktive Entwickeln und Einbringen von Ideen und Lösungen, Kooperation und Kreativität im Umgang mit gemeinsamen Problemen. Diese Fähigkeiten sind wie Muskeln, die man trainieren muss und die bei Nichtnutzung verkümmern. Auch für das Berufsleben sind die genannten Fähigkeiten wichtig.  

Demokratie in der Schulkultur verankern – mit aula  

Mitbestimmung in der Schule ist gesetzlich festgelegt – in der Praxis aber meist einer kleinen, häufig privilegierten Gruppe von Schüler*innen vorbehalten. Um eine Kultur der Beteiligung zu etablieren, in der jede und jeder selbstverständlich interessiert ist und mitmacht, braucht es mehr als Schülervertretung und Schülersprecher*innen. Es muss mehr Wege für Beteiligung derjenigen geben, die schüchtern sind. Die sich als passiv begreifen. Die nicht an sich glauben. Oder die es einfach nicht gewohnt sind, in ihrer Gemeinschaft eine Stimme zu haben. Genau daran arbeiten wir mit aula.   

Seit 2016 haben wir Konzepte, Materialien und eine Software entwickelt, die allen jungen Menschen in ihrem direkten Umfeld eine Stimme gibt und Beteiligung tief in der Schulkultur verankert. Und damit haben wir Großes vor. Um irgendwann alle jungen Menschen in Deutschland zu erreichen, brauchen wir eure Aufmerksamkeit, euer Netzwerk, eure Spenden! 

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