aula Evaluation
In den Schuljahren 2016/17 und 2017/18 haben wir aula erfolgreich an vier Pilotschulen getestet. Die wichtigsten Erkenntnisse, die wir in dieser Zeit gewonnen haben, finden Sie im Kurzbericht. Die ausführliche Evaluation (Bericht, Codebuch & Auswertung) können sie hier downloaden.
Einleitung
Das innovative Beteiligungskonzept aula wurde von 2016 bis 2018 an vier verschiedenen weiterführenden Schulen in ganz Deutschland getestet. Über zwei Schuljahre wurden so Schüler*innen, Lehrer*innen und Schulleitungen in verschiedenen Workshops geschult und im Prozess der Integration des Konzepts begleitet. Währenddessen wurden immer wieder Teile des Verfahrens und des didaktischen Materials angepasst. Die wichtigsten Ergebnisse sind hier zusammengetragen.
Methode
Mit einer Stichprobe von 39 Schüler*innen, Lehrer*innen und Schulleiter*innen der vier Schulen wurde jeweils ein halbstrukturiertes Evaluationsinterview zu ihren Selbst- und Fremdbeobachtungen geführt und mit Hilfe von qualitativer Datenanalyse ausgewertet. Außerdem wurde das automatisch erstellte Protokoll der aula-Onlineplattform ausgewertet und Lehrer*innen wurden Fragebögen zu Fähigkeiten des Demokratie-Lernens vorgelegt.
Ergebnisse
I. Nutzung von aula
Aus 3205 wilden Ideen wurden 20 verschiedene Projekte an den vier Schulen entwickelt, positiv abgestimmt und zur Umsetzung gebracht. Durchschnittlich verbrachten aktive Nutzer*innen etwa eine Stunde in der Woche mit aula.
Die Plattform wurde sowohl aus der Schule, als auch von zu Hause benutzt. Über das Jahr verteilt ergaben sich immer wieder intensive Nutzungsphasen, wenn konkrete Projekte anstanden, die gut beworben worden waren.
II. Chancen / Vorteile
1. Förderung von Selbstwirksamkeit
Die größten Vorteile von aula wurden von den Befragten vor allem im Bereich Selbstwirksamkeit gesehen. So gaben 72% aller Schüler*innen an, dass sie “stärker das Gefühl haben, Dinge verändern zu können”. Mehr als die Hälfte aller Lehrer*innen berichteten den Eindruck, dass die Selbstwirksamkeit der Schüler*innen durch aula zugenommen habe. Außerdem berichteten 63% aller Befragten, dass Schüler*innen durch aula eigenständiger seien. Schüler*innen übernahmen selbst viel Verantwortung für den Beteiligungsprozess und an zwei Schulen waren erfolgreich Schüleradministrator*innen eingesetzt. Außerdem wurde angegeben, dass sich zurückhaltendere und wenig beteiligte Schüler*innen stärker als vorher für ihre Ideen engagieren.
2. Förderung von Beteiligung durch die Integration einer digitalen Plattform
Die Organisation der Mitbestimmung über den neuen Diskursraum “Online-Plattform” wurde von den meisten Beteiligten als Erleichterung wahrgenommen. Neben einer übersichtlichen Strukturierung und Transparenz des Prozesses wurde als weitere Vorteile der digitalen Plattform folgendes am häufigsten genannt:
- Mehrheiten lassen sich so leichter erkennen
- Mitbestimmung geht schneller und niedrigschwelliger
- Schüler*innen, die sonst nicht miteinander kommunizieren, kommen in Kontakt
3. Förderung von Kompetenzen des Demokratie-Lernens
Unter allen Befragten wurde am dritthäufigsten das praktische Erleben von Demokratie als Vorteil in der Nutzung von aula genannt. Für Lehrer*innen war der wichtigste positive Aspekt, dass durch das Arbeiten mit aula das Demokratieverständnis ihrer Schüler*innen stieg. Lehrer*innen gaben außerdem signifikant häufig an, dass aula folgende Fähigkeiten (vgl. Himmelmann, 2002) fördert:
- Eigene Meinung (Bedürfnisse, Interessen, Gefühle, Wertepositionen) deutlich machen, zusammenhängend reden, klar und deutlich begründen (Interessenvertretung, Selbstwirksamkeit)
- Argumentieren (und Stellung nehmen) für oder gegen eine Position; gemäß eigener, aber ausgewiesener Kriterien (Stellungnahme, Kritik)
- Gruppenverantwortung hervorheben, faire Normen sowie gemeinsame Interessen und Bedürfnisse entwickeln, gemeinsame Aufgabenbewältigung fördern (Verantwortungsbereitschaft, Gemeinschaftssinn)
Es zeigt sich auch eine positive Tendenz für die Fähigkeiten:
- Zukunfts- und Problemlösungsfähigkeit
- Dialogfähigkeit/Empathie
- Sensibilität/Solidarität
- Konfliktfähigkeit
4. Förderung weiterer Kompetenzen
DISKUSSIONSFÄHIGKEIT
Die meisten Befragten stimmten zu, dass über aula gut das Formulieren von Ideen (65%) und das Diskutieren (53%) geübt werden können. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten die “Verbesserungsvorschläge”, die bereits durch ihre Bezeichnung auf eine gewisse Konstruktivität in der Formulierung hinwirken. Alle befragten Lehrer*innen hielten das Formulieren von Verbesserungsvorschlägen für eine hilfreiche Übung im Führen konstruktiver Diskurse mit digitalen Medien (vgl. aula Evaluation 2018, S. 34,f 3).
Die Schüler*innen nannten von sich aus insgesamt 13 Kriterien, auf die sie persönlich beim Formulieren von Verbesserungsvorschlägen geachtet hatten (Konstruktivität, Sachlichkeit, grammatische Richtigkeit, Verständlichkeit für Jüngere, etc.).
NUTZUNGSKOMPETENZEN UND WISSEN ÜBER DIGITALE MEDIEN
Besonders ältere Schüler*innen schätzten ihr eigenes Wissen über digitale Medien relativ
hoch ein und merkten an, dass aula keine große Neuerung für sie darstelle (vgl. aula Evaluation 2018, S. 36f 3). Jüngere Schüler*innen, insbesondere aus den Klassen 5 und 6, gaben hingegen an, dass aula die erste Online-Plattform sei, die sie überhaupt nutzten. Acht Schüler*innen stellten zusätzlich fest, dass sich insbesondere das Wissen der Lehrer*innen über digitale Medien mit aula verbessert habe.
Inwieweit aula tatsächlich Fähigkeiten und Nutzungskompetenzen von digitalen Medien fördert, konnte im Rahmen der Evaluation, in der hauptsächlich Selbstauskünfte erhoben wurden, nicht gemessen werden. Da die Integration von aula im Rahmen der Einführungsworkshops konkretes, für die Schüler*innen oft neues Wissen vermittelt (Passwortsicherheit, Bildlizenzen etc.), die stetige Nutzung digitaler Medien fördert sowie einen Rahmen für deren Reflexion liefert, vermuten wir, dass aula dennoch einen Effekt auf Kompetenzen der Schüler*innen hinsichtlich des Umgangs mit digitalen Medien haben könnte. Hier wäre es ratsam, in Zukunft das Wissen und die Fähigkeiten der Schüler*innen mit anderen Instrumenten zu testen.
III. Herausforderungen
Die am häufigsten berichtete Herausforderung von Schüler*innen und Lehrer*innen waren vergessene Passwörter, dem mit einer im Sommer 2018 neu programmierten App Abhilfe geschaffen wird. Lehrer*innen nannten am zweithäufigsten eine unzureichende IT-Ausstattung der Schule (Verfügbarkeit zuverlässiger Endgeräte, stabiles Internet, etc.) als Hindernisse für die Nutzung von aula.
Eine weitere häufig genannte Herausforderung bestand in teilweise mangelnder Nutzung der Plattform. Als Gründe seitens der Schüler*innen wurde hierfür ein Mangel an Entscheidungsspiel- räumen angegeben, mangelnde Motivation und Begleitung durch Lehrer*innen, alternative demokratische Beteiligungsmöglichkeiten und fehlende Motivation der ältesten Schüler*innen, die die Schule im selben Jahr verlassen würden.
Aus welchen Gründen Lehrer*innen sich dafür oder dagegen entschieden haben, die Plattform zu nutzen, wurde in dieser Evaluation nicht erhoben und sollte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
IV. Wünsche für die Zukunft
63% der Befragten wollen aula uneingeschränkt weiter nutzen. 13 % gaben an, dass sie aula unter bestimmten Bedingungen weiter nutzen möchten. Der am häufigsten formulierte Wunsch nach Änderungen war der nach einer App, die Benachrichtigungen senden kann und die größte Herausforderung der vergessenen/verlorenen Passwörter löst.
Von Schüler*innen und Lehrer*innen wurde außerdem der Wunsch nach mehr Gelegenheit zu didaktischer Begleitung an der Schule formuliert. Damit ist beispielsweise mehr Zeit für die Arbeit mit aula an der Schule gemeint, mehr Freistellungsstunden für Lehrer*innen oder geeignete Freiräume im Unterrichtsplan. Schüler*innen wünschten sich außerdem mehr Unterstützung in Form von Zeit oder Begleitung im Beteiligungsprozess durch die Lehrer*innen.
Fazit
Die Evaluation zeigt positive Ergebnisse für die Kompetenzentwicklung der Schüler*innen im Bereich Demokratie-Lernen und insbesondere der Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Dies spricht dafür, das Beteiligungskonzept weiter zu entwickeln und an weiteren Schulen sowie anderen Institutionen oder Organisationen einzusetzen. Für einen Weiterentwicklung und Fortführung spricht auch, dass 76% der Befragten aula uneingeschränkt oder unter bestimmten Bedingungen weiter nutzen möchten.
Dabei ist es wichtig, dass Lehrer*innen die Arbeit der Schüler*innen ernst nehmen und es genügend zeitliche Ressourcen dafür gibt, den Prozess didaktisch zu begleiten und reflektieren. Um die Bedingungen der Einführung von aula sowie die didaktische Begleitung zu optimieren, soll an den Schulen in Zukunft zunächst eine Bestandsanalyse durchgeführt werden, um die Ressourcen und Bedarfe demokratischer Beteiligung zu ermitteln. Außerdem wird der am häufigsten berichteten Herausforderung der “vergessenen Passwörter” mit einer neu entwickelt App begegnet, die ab Herbst 2018 kostenfrei zur Verfügung stehen wird.
Hinsichtlich des Erwerbs digitaler Kompetenzen zeigt die Evaluation insgesamt weniger eindeutige Ergebnisse. Hier müssten andere Methoden eingesetzt werden, um einen vermuteten Anstieg digitaler Kompetenzen nachzuweisen.
aula gGmbH
Alexa Schaegner (Geschäftsführerin)
Dr. Steffen Wenzel (Geschäftsführer)
Alte Schönhauser Straße 23/24
10119 Berlin
Credits
Fotos: auf Seite 1 & 5 von Daniel Schönen
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